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über die Zeit
21. September 2021
…“Ich habe immer wenig Verständnis dafür aufgebracht, Zeit als objektive Realität anzusehen. Es kommt doch ganz darauf an, was geschieht. Wie können von uns erschaffene Einheiten wie Minuten und Jahre für Mücken und Riesen-Lebensbäume dieselbe Bedeutung haben? Für die Bäume, in deren Wipfeln sich heute morgen der Nebel verfängt, ist man mit 200 Jahren jung. Für den Fluss ist eine solche Zeitspanne ein Augenblick und für die Felsen ein Nichts. Die Felsen, der Fluss und just diese Bäume werden auch in 200 Jahren noch hier sein, wenn wir gut achtgeben. Was mich selbst, das Streifenhörnchen am anderen Ufer und den Mückenschwarm betrifft, der in einem Sonnenstrahl schwirrt – wir werden unserer Wege gegangen sein.
Falls die Vergangenheit und die Zukunft, die wir uns vorstellen, eine Bedeutung haben, dann wird diese im Augenblcik festgehalten. Wenn man alle Zeit hat, dann kann man diese Zeit dazu nutzen, einfach dort zu sein, wo man ist, nicht dazu, irgendwohin zu gelangen. Ich mache es mir also behaglich, schließe die Augen und höre dem Regen zu.“…
aus: „Geflochtenes Süßgras“, Robin Wall Kimmerer